Abschied von Karli

 16.09.2014 Karli, Minischwein, wurde 8 Jahre alt, lebte 7 Jahre bei uns.

 Karli kam im Jahr 2007 zu uns. Er war lieb, immer friedlich und etwas schüchtern, vielleicht weil er der Kleinste in der Schweinegruppe war. Karli war bereits schwerkrank als er zu uns kam. 

Der kleine Karli wurde als Glücksbringer einer Pflegeheimleiterin geschenkt. Diese wusste nichts mit ihm anzufangen und wollte ihn sicherlich auch nicht haben. So landete er als kleines Ferkel in einem Kaninchenkäfig. Er bekam eine Lungenentzündung, die vermutlich nicht behandelt wurde. Als er größer wurde und nicht mehr in einen Käfig passte sollte er weg.

Dann kam der kleine Karli zu uns. Kurze Zeit später haben wir ihn kastrieren lassen. Wir haben auch seine Lunge röntgen lassen, denn bei jedem Atemzug machte er röchelnde Geräusche. Seine Lunge war nur noch zum Teil funktionsfähig. Der Tierarzt sagte uns, dass Karli wahrscheinlich nicht sehr alt werden würde. 


Oft konnte ich Karli auf unserem Grundstück gar nicht sehen, weil er oben auf den Hängen hinter Büschen versteckt war. Aber ich wusste immer wo er war, denn aufgrund seiner Atmung war er nicht zu überhören. Wenn es regnete zog er sich unter die Tannenbäume zurück oder in einen Stall. Wie alle unsere Schweine hasste er es nass zu werden. Nachts oder auch tagsüber im Winter, wenn es kalt war, machte er sich, wie auch die anderen Schweinchen, sein Bett in einem der Ställe und deckte sich mit einer Strohdecke zu, so dass nur noch ein Ohr oder die Nasenspitze herausschaute.   

In den letzten Monaten bemerkte ich, dass einer seiner Hauer langsam immer länger wurde, während der andere kaum weiterwuchs. Er drohte bereits in seine Backe einzudringen. Ich beobachtete ihn beim Fressen und sah dass er bei der Nahrungsaufnahme keine Probleme hatte. Aber der Zahn würde irgendwann bald gekürzt werden müssen. Ich wartete und wartete, denn ich war mir der Gefahr einer Narkose bei ihm bewusst. Dann sah ich, dass der Zahn begann in die Backe einzudringen. Ich konnte nicht länger warten. Ich wusste natürlich, dass Schweine stressanfällig sind. Wie extrem stressanfällig Schweine allerdings sind, das wusste ich bis dahin nicht! Aber Karli war ein „Risikopatient“ und ich wollte keinen Fehler machen. Ich kannte in unserer Nähe keinen Tierarzt der sich auf die Behandlung von Schweinen spezialisiert hatte. Doch weniger als eine Stunde von uns entfernt gibt es eine Schweineklinik. Da würde Karli in den besten Händen sein. Ich sprach mit dem Arzt dort und wir vereinbarten einen Termin.

Karli einzufangen war nicht ganz einfach. In einer großen Hundebox transportierten wir ihn zur Klinik. Es war keine lange Fahrt. Wir wurden von dem Arzt und der Anästhesistin empfangen. Karli war inzwischen sehr aufgeregt, die Atmung war schnell und die Atmungsgeräusche extrem laut. Schlechte Voraussetzungen um den Eingriff vorzunehmen. Doch es gab keine andere Möglichkeit. Mit einem Zahn der seine Backe durchbohren würde konnte er nicht weiterleben. Die Anästhesistin was sehr besorgt. Mehrmals  erklärte sie mir das was ich bereits wusste – das Risiko die Narkose nicht zu überstehen. Die Ärzte hatten uns gesagt, dass sie ihm erstmal eine Weile Zeit geben würden um sich zu beruhigen. Wir sollten damit rechnen dass es einige Stunden dauern würde. Sie würden uns anrufen, wenn wir ihn wieder abholen könnten.  

Um die Zeit zu überbrücken fuhren wir in einen Baumarkt. Nick verschwand Richtung Werkzeugabteilung, ich ging in die Gartenabteilung. Da überkam mich plötzlich ein Gefühl der Panik. Ich erinnerte mich an die Worte der Anästhesistin und ihren besorgten Gesichtsausdruck. Ich versuchte dieses Gefühl zu verdrängen. Dann sah ich Nick langsam auf mich zukommen, er sagte nichts. Da wusste ich was geschehen war.

Wenige Minuten nachdem die Anästhesistin die Narkose gesetzt hatte, hatte Karli seinen letzten Atemzug getan. Der Stress, die kaputte Lunge, zu viel für den kleinen Karli. Wir fuhren zur Klinik, holten ihn ab und nahmen ihn noch einmal mit nach Hause. Dann durften sich alle unsere Tiere von ihm verabschieden.

Ich wünschte Karli hätte hier in seiner vertrauten Umgebung inmitten seiner Freunde Abschied von dieser Welt nehmen können. Karli hatte viele Freunde. Das waren nicht nur seine Artgenossen, sondern auch unsere Hunde, insbesondere unsere vor einem Jahr verstorbene Laborhündin Lara, die immer auf ihn aufpasste als er noch klein war. Karli wurde nur 8 Jahre alt. Doch hier konnte er sich frei bewegen und war nicht in einem kleinen Gehege eingesperrt, wie so viele Minischweine. - Hier war der kleine Karli zuhause.  

Beate Busse
 



Fotos von Karli: Bildergalerie (bitte anklicken)